Kriegsklingen - Joe Abercrombie (First Law 1)

Nachdem der Barbarenkrieger Logan von seiner Bande getrennt wurde, ist er vollkommen auf sich alleingestellt und muss sich gegen gnadenlose Feinde in einer lebensfeindlichen, harten Umgebung behaupten. Dabei hat er sich in den Nordlanden nicht viele Freunde gemacht, wird er doch dort “der blutige Neuner” genannt, weil er vor langer Zeit in einem Kampf einen Finger verlor. Erst als er sich dem Magiernovizen Quai und seinem geheimnisvollen Meister anschließt, findet Logan wieder einen Sinn in seinem lange Zeit nur von Kampf geprägten Leben.
Der junge Offizier Jezal möchte sich bei einem Fechtwettbewerb bewähren, um seiner Karriere im Militär einen weiteren Schub zu verpassen. Eine eher unwillkommene Ablenkung ist dabei die hinreißende Schwester eines seiner Kameraden….
Inquisitor Glotka, ein Kriegsveteran, der zum Krüppel wurde, bekommt einen neuen Auftrag. Er ahnt jedoch nicht, dass er damit nur zum Spielball viel mächtigerer Hintermänner wird…..

Frech und witzig kommt der Debutroman von Joe Abercrombie daher. Nachdem über dem ersten Kapitel unverschämter Weise “Ende” als Überschrift prangt, wird der Leser sofort in eine actionreiche Handlung hineingerissen. Ohne großes Aufwärmen startet man atemlos in einen achthundert-Seiten-Schmöker.

Gerade die sarkastisch-ironische Sichtweise der Hauptfiguren macht diesen Roman ungewöhnlich, den im Bereich High- und Helden-Fantasy ist man eher eine pompöse Sprache gewohnt und kennt den, hier verwendeten Sprachstil, eher aus zeitgenössischen Romanen. Diesem Buch steht der unkonventionelle Stil doch sehr gut. Dabei hat man als Leser eher eine düstere Animationsfilm-Kulisse, anstatt realer Personen, vor Augen, was vielleicht auch darauf hindeuten könnte, dass die Charaktere irgendwie nicht vollkommen real wirken. Folgt man den Szenen durch den Roman stellt sich schon ab und zu die Frage, ob die Charaktere nicht auch ein andere Leben haben - unterm Strich wirken sie dich etwas eindimensional und folgen beinahe zu brav der Romanhandlung, ohne größere eigene Initiative zu zeigen, obwohl einem die Personen des Romans durchaus ans Herz wachsen, gerade weil sie keine 08/15, edelmütigen Helden sind, sondern sich selbst und ihre Umwelt sehr kritisch beäugen.

Der abrupte Einstieg kann leider auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem Roman über weite Strecken an Substanz fehlt. Die Story ist lange Zeit einfach zu dünn. Erst ca. ab Seite 600 wird es etwas spannender und zielgerichtet, davor plätscherte die Handlung eher vor sich hin. Hier fehlt eindeutig ein roter Faden, ein Ziel, zu dem die Handlung hinführt. Man merkt dem Roman zu deutlich an, dass er nur der erste Teil einer auf drei Bände angelegten Reihe ist.

Fazit: die “Kriegsklingen” hätten noch etwas mehr Schliff vertragen können um richtig zu beißen. Im momentanen Zustand kann man sie eher dazu benutzen, sich sein Frühstücksbrot zu schmieren. Aber vielleicht wird die Handlung in der Fortsetzung “Feuerklingen” heißer !?
Lediglich die witzige Sprache hebt den Roman aus der Masse heraus und bewegt mich zu einem positiveren Urteil.

Meine Wertung: 80 von 100 Punkten

Verlag: Heyne
Taschenbuch, ca 796 Seiten, Preis 15.- €
ISBN 978-3-453-53251-9

König von Luxor, der - Philipp Vandenberg

Das viktorianische England Ende des 19. Jahrhunderts: der junge Howard wächst als Waise in einer Privatschule auf. Er ist ein Eigenbrötler, der aber aufgrund seiner Neugier und seines Wissensdurstes immer wieder auffällt. Besonders einer jungen Lehrerin, die gerade erst an Howards Schule versetzt wurde. Es kommt zu einer unkonventionellen Romanze zwischen den beiden, die - natürlich- nicht gut ausgehen kann. Bei einem Stelldichein machen die beiden in einem geheimen Raum eine fantastische Endeckung.
In Lord Canarvon findet der Teenager Howard einen Förderer, der sich viel von den Talenten des jungen verspricht. Der Lord plant Ausgrabungen im fernen Ägypten und da kommt ihm der aufmerksame Howard gerade richtig… So kommt es, dass Howard Carter das heimatliche England verlässt und nach Ägypten reist um dort als Archäologe zu arbeiten.
Für viele Jahre soll er seine Heimat, und seine größte Liebe, nicht wieder sehen und erst als gefeierter Held nach einer sensationellen Entdeckung zurückkehren…..

Phlipp Vandenberg stellt Howard Carter als einen großen Romantiker dar, der jahrzehntelang unerschöpflich einer Vision folgt, und auch der Roman als ganzes stellt die Beziehungen Carters zu drei Frauen, denen er in seinem Leben begegnet, in den Vordergund. Auf die sehr romantische Handlung muss man sich als Leser einlassen. Dabei lässt dieses Buch aber nichts, was man von einem guten historischen Roman verspricht vermissen; eine lebensumspannende Handlung, liebenswerte Charaktere und ein historisch interessantes Thema.
Lediglich die heldenhafte Darstellung von Howard Carter wirkt hier und dort etwas überzeichnet, z.B. als der junge Howard ein Fluggerät bastelt und damit Flugversuche startet. Von Anfang an ist der Hauptcharakter des Buches ein Multitalent - hier hätte man sich etwas mehr Ecken und Kanten gewünscht.

Eine der Stärken des Autors sind auch die mysthischen Elemente, die Vandenbergs Romanen etwas geheimnisvolles geben. Mit einer kompetenten Recherche und historischem Hintergrund gleich der Autor das ganze wieder aus, denn Vandenberg hat ja auch einige Sachbücher über die Antike und das alte Ägypten geschrieben.

Dieses Buch ist für mich einer der interessantesten historischen Romane, die ich gelesen habe. Die Geschichte ist von Anfang an spannend und hat nur im Mittelteil einige Durchhänger. Eine spannende Liebesgeschichte und ein liebenswerter Held vor dem Hintergrund einer der größten Entdeckungen der Archäologie !

Meine Wertung 92 von 100 Punkten

Verlag: Bastei Lübbe
Taschenbuch, 672 Seiten, Preis: 9,90 €
ISBN 3-404-14956-4

Schatten von La Rochelle, die - Tanja Kinkel

Anfang des 17. Jahrhunderts toben in Europa die Glaubenskriege. Im deutschen Kaiserreich ist durch den Prager Fenstersturz der dreißigjährige Krieg entbrannt und verwüstet das Land wie kein anderer Krieg vorher. Schweden streckt seine Fühler nach deutschen Territorien aus, die Niederlande führen einen Freiheitskampf gegen Spanien, das auch Frankreich feindlich gegenübersteht…..
Eine relative Stabilität hat nur Frankreich, an dessen Spitze zwar König Louis steht, doch im Hintergrund zieht der machgierige Kardinal Richelieu die Fäden und verwirklicht in Frankreich auf rücksichtslose Weise seine Vision eines modernen Staates.
Im Jahre 1640 hat der in die Jahre gekommene Kardinal sein Lebenswerk beinahe vollendet: Frankreich ist ein weitestgehend gefestigter Staat, eine in voller Blüte stehende Großmacht in Europa. Doch der Kardinal hat sich aufgrund seiner rücksichtslosen Vorgehensweise viele Feinde gemacht. Gerade die französischen Evangelischen, die Hugenotten, hassen den Kardinal, der vor Jahren eine ihrer freien Städte, La Rochelle, bis zur vollständigen Unterwerfung belagert hat. Viele Unschuldige fanden damals den Tod. Die Opfer dieser Tragödie wollen nur eines Rache, denn die Schatten von La Rochelle verdüstern ihre Herzen…..

Wir haben es hier jedoch mit keinem weitschweifigen historischen Roman zu tun, das Buch handelt vielmehr von einer Verschwörung gegen Kardinal Richelieu und den Schicksalen der darin verwickelten Personen. Die Handlung umfasst dabei nur wenige Monate. In einigen Rückblenden erzählt Tanja Kinkel vom Werdegang der wichtigsten Figuren des Romans und schildert ihre Schicksale eingängig und, gerade im Fall der Belagerung von La Rochelle, äußerst eindrucksvoll. Ihre Sprache ist dabei eher einfach, die Dialoge stechen aber besonders hervor.
Die Gespräche über das Theater und klassische Tragödien sind kein Zufall. Wie in der klassischen Tragödie hat Tanja Kinkel die Schicksale der Hauptpersonen (Der Kardinal, seine Nichte, ein Attentäter, der König….) kunstvoll und dramatisch miteinander verknüpft, sodass erst am Ende des Romans alle verworrenen Beziehungen entknüpft werden. Gerade das Finale ist beeindruckend und hält einige Überraschungen bereit.
Die Autorin erzählt dabei von historisch sehr interessanten Ereignissen, die erst eingebettet in die damalige politische Lage, ihre volle Bedeutung entfalten. Auf den Spuren von Alexandre Dumas und den drei Musketieren wandelt Tanja Kinkel jedoch nicht. Dies ist ein völlig eigenständiger, glaubwürdig recherchierter Roman.
Die Charaktere stehen eindeutig im Vordergrund und sind allesamt -psychologisch- interessant und glaubwürdig, bis liebenswert. Das Buch liest sich sehr flüssig und weiss bis zur letzten Seite zu überzeugen. Was will man mehr ??

Meine Wertung: 84 von 100 Punkten

Verlag:Goldmann
Taschenbuch ca 412 Seiten, Preis 9.-€
ISBN 3-442-44084-X

Haarteppichknüpfer, die - Andreas Eschbach

Die Haarteppichknüpfer eines weit entfernten Planeten sind sich einer Sache sicher, ihre Teppiche, die sie in ihrem Leben aus dem Haar ihrer Frauen und Töchter geknüpft haben, werden eines Tages die Hallen des gottgleichen Imperators zieren. Die filigranen Muster aus Millionen feinster Haare werden mit ihren einzigartigen Mustern neben den Erzeugnissen andere Welten in den Räumen ihres Herrscher hängen, dem sie für immer ihre Treue geschworen haben.
Jeder Haarteppichknüfer kann in seinem Leben nur einen einzigen Teppich fertig stellen. In einer Art Generationenvertrag vererbt der Vater so seinem Sohn das Geld, das er für seinen Haarteppich bekommen hat und finanziert ihm damit das Leben.
Doch dann machen Gerüchte die Runde, der Imperator wäre abgesetzt worden, ja sogar, man habe den als unsterblich geltenden Herrscher getötet……

In etlichen Episoden erzählt Andreas Eschbach vom Universum der Haarteppichknüpfer, das der Leser so Stück für Stück kennen lernt und löst am Schluss auch das Geheimnis der Haarteppiche. Dabei fühlt der Leser sich wie eine unbemerkte Spinne an der Wand und folgt als unbeteiligter Beobachter gebannt jedem neuen Kapitel, die alle von jeweils anderen Personen erzählen und nur teilweise direkt zusammenhängen.

Schon nach wenigen Kapiteln ist man vollkommen von der ungewöhnlichen Erzählweise gefesselt und spätestens, wenn die Handlung aus der engen Welt eines Planeten herausschwenkt verfolgt man atemlos, die weiteren Enthüllungen. Anfangs wirkt Eschbachs Erzählstil wie der Ursula K. LeGuins bedient er sich doch ebenso einer lyrischen Sprache. Auch die Story von zivilsatorisch zurückgefallenen Welten in einem einst großen Sternenreich erinnert an den Hainish Zyklus Le Guins.
Das Buch an sich wirkt wie einer dieser feinmaschigen bunten Teppiche, von denen er handelt. Der Leser taucht hier in ein wunderbares fantasiereiches Universum vollends ein. Schon in seinem Romanerstling zeigt sich Eschbachs Hang zur brutal-lyrisch kompromisslosen Erzählweise “ernster” Literatur, mit der er rücksichtslos seine Charaktere der Handlung unterwirft - sie sterben und leiden lässt. Trotzdem ist dieser Roman hauptsächlich eine tolle Science-Fiction Story mit einem überraschenden Plot, die einen nicht mehr los lässt.

Meine Wertung 90 von 100 Punkten

Verlag: Bastei-Luebbe
Taschenbuch, ca 320 Seiten, Preis 7,95 €
ISBN 3-404-24337-4

Schläfer der Zeiten, der - Hans Kneifel (Perry Rhodan Lemuria 2)

Im ersten Band des “Lemuria”- Zyklus haben unsere Helden erfahren, dass noch mindestens eine zwei Raumarche der Lemurer durch die unendlichen weiten des Alls fliegen muss. Da die Akonen Anspruch auf die erste Raumarche erheben, ist es wichtig diese zweite Schiff ausfindig zu machen, um dem Geheimnis der unvorstellbar alten Schiffe auf die Spur zu kommen. So machen Perry Rhodan, und die aus dem ersten Band bekannten Charaktere, sich auf die Suche nach diesem Schiff…..
Die Bewohner der zweiten Arche hatten auf ihrer langen Reise einige herbe Rückschläge zu verzeichnen: der Großteil der Bevölkerung ist an einer Krankheit gestorben, Teile des Schiffes sind außer Betrieb und die Überlebenden haben sich in vier Gemeinschaften aufgeteilt, die den körperlichen Kontakt zueinander meiden um sich nicht anzustecken. Außerdem ist da noch ein Bereich des Schiffes, in dem ein fremdes Objekt lagert, von dem niemand etwas wissen soll.

“Der Schläfer der Zeiten” ist der zweite Teil der “Lemuria” Reihe und, um es gleich vorweg zu nehmen, leider kein Höhepunkt dieses Perry-Rhodan Zyklus. Das Hautproblem des Buches liegt meiner Meinung nach wieder einmal darin, dass dieses Buch nicht gut für sich selbst stehen kann, sondern nur ein weiterer Teil einer Reihe ist. Der erste Abschnitt, ungefähr die Hälfte des gesamten Buches, handelt von den Ereignissen auf der zweiten Raumarche. Man ahnt schon beim Lesen, dass dieser Storyteil irgendwie belanglos ist für die weitere Fortführung der Geschichte - und so kommt es auch. So ist die erste Hälfte des Buches beinahe überflüssig und trotz dramatischer Geschehnisse am Ende hätte man die für die weitere Story nötigen Informationen auch kompakter rüberbringen können.
Im zweiten Abschnitt wechselt der Autor zu Perry Rhodan und den Charakteren des ersten Teiles und erzählt von deren Erlebnissen auf einem fremden Planeten auf der Suche nach Überlebenden der Arche.. Hier wird es etwas interessanter, weil die Handlung nun etwas mehr Bezug zur Gesamtstory hat. Die Charaktere des ersten Bandes und deren kleine Dilemma werden jedoch nur unzureichend weiter geführt. Am Ende, als sich das Geheimnis, dass dieses gesamte Buch betrifft, offenbart wird es doch etwas spannender und ereignisreicher, kann aber nicht gänzlich zufrieden stellen.

Sprachlich kann der Autor zwar überzeugen - letztlich zeigt diese Buch doch zu wenig Relevanz für den kompletten Zyklus, bzw. kann auch als eigenständiger Roman nicht überzeugen. Für jeden Leser des Zyklus wohl eher eine Pflichtübung - für alle anderen, die einen guten Science-Fiction Roman versinken wollen, bleibt genügend Auswahl an wirklich hochwertigen Romanen…..

Meine Wertung: 69 von 100 Punkten

Die Madonna von Murano - Charlotte Thomas

Der venezianischer Geschäftsmann Francesco Caloprini ist ein Frauenheld erster Kajüte, kaum eine Frau kann seiner charismatischen Ausstrahlung widerstehen und so muss er sich sogar der Zudringlichkeit seiner Schwägerin erwehren. Als die einzige Frau, die er wirklich liebt nach einer seiner Reisen verschwunden ist, gibt er sich dem Alkohol hin. Am liebsten verweilt er so wenig wie möglich bei seiner venezianischen Sippe, die von Intrigen zerfressen ist und mehr als nur eine Leiche im Keller hat. So begibt er sich immer wieder auf lange Geschäftsreisen, die ihn für Monate von zu Hause wegführen.
Dabei ist Francesco Caloprini doch der einzige, der ein Licht in das Dunkel der verzwickten Intrigen, Freund- und Feindschaften - ein psychothrillerhaftes Konglomerat aus Liebe, Hass, Schmerz und Eifersucht- bringen könnte…..

Eigentlich handelt dieser Roman von der jungen Sanchia, deren Schicksal so eng mit dem der intriganten Caloprini-Sippe verknüpft ist, liebt sie doch den Spross Francesco Caloprinis’ Bruder. Immer wieder wird ihre Liebe auf die Probe gestellt, denn Sanchia hat sich der Heilkunst verschrieben, um alles in der Welt möchte sie kranken, hilfsbedürftigen Menschen helfen. Und davon gibt es im Venedig der Renaissence genügend. Während große Künstler und Denker wie Leonardo Da Vinci die Stellung des Menschen in der Welt verändern, die Pest und die Syphilis die Gesellschaft erschüttern, während ein verderbter Papst in Rom die Kurie ins Verderben zieht und der machthungrige Karl der achte von Frankreich seine Fühler nach den reichen Städte Italiens ausstreckt, geht die junge und schöne Sanchia entschlossen ihren Weg……….

Sprachlich trumpft Charlotte Thomas erst bei den Liebeszenen (die auch unterwartet detailliert ausfallen….) auf. Eigentlich schade, denn hier wird wieder einmal das Klischee des historischen Liebesromans geschürt. Nichts desto trotz merkt man dem Roman die intensiven Recherchen an, denn sowohl geschichtliche Hintergründe, als auch die Beschreibungen, z.B. des Glasbläsergewerbes, wirken versiert und glaubhaft, was für einen historischen Roman meiner Meinung nach schon vollkommen genügt, wenn man nicht gerade Historiker ist.

Sanchia wird von Anfang an als eine kleine Heilige von der Autorin aufgebaut. Im vergleich zu Rebecca Gable muss ich leider sagen, das letztere Autorin es doch besser versteht, einem Charakter Ecken und Kanten zu geben und keine Heiligen und Übermenschen zu erschaffen. In historischen Romanen sind heilkundige Helden (und -innen) keine Seltenheit, im Gegenteil, eher als Klischee zu bezeichnen. Hier hätte man sich etwas mehr Originalität gewünscht.

Einige Äußerungen und Meinungen der Personen zu Anfang des Romans finde ich, für die Zeit des späten 15. Jahrhunderts nicht unbedingt glaubwürdig. Auch die Reden der sehr jungen (siebenjährigen) Sanchia scheinen mir für ein so kleines Kind doch zu ausgereift. Sind Kinder nicht viel impulsiver und leben ihre Gefühle eher aus, als darüber nachzudenken ? In einer Szene zumindest reflektiert die kleine Sanchia über ihre eigenen Gefühle auf eine Weise, zu der manche Erwachsenen nicht in der Lage ist !

Vieles ist nicht neu in Charlotte Thomas Roman: Helden historischer Romane, die sich der Heilkunst verschrieben haben, eine Jahrzehnte umfassende Handlung vor historischer Kulisse, Intrigen, Liebe, Hass. Nichts desto trotz ist dieser Roman vortrefflich gelungen. Ohne das die Handlung ins groteske episodenhafte abgleitet wird es in dem, über 1000 Seiten umfassenden Schmöker, nie langweilig. Geschickt hat die Autorin das dunkle Geheimnis Sanchias Herkunft und der Caloprini Sippe mit der Handlung verwoben. Legt immer wieder kleine Hinweise und weiß im absolut nervenaufreibenden Finale immer noch zu überraschen und den Leser atemlos die letzten Seiten verschlingen.
Alles in allem ein fantastischer historischer Roman der sich in die Riege der ganz großen Erzählungen dieses Genres einreihen kann und die faszinierende, die schreckliche, die wunderschöne Welt der venezianischen Renaissence zu neuem Leben erweckt.

Meine Wertung: 92 von 100 Punkten